Er-wachsen werden – 5 Merkmale eines geistlichen Lebens

Kind: „Papa können wir noch lernen? Wir schreiben morgen eine Arbeit in Bio.“

Papa: „Ein paar Minuten habe ich. Worum geht es denn?“

Kind: „Um die 5 Merkmale des Lebens …“

In solchen Momenten staune ich immer darüber, was ich im Laufe der Jahre an Schulwissen vergessen habe. Gleichzeitig freue ich mich, die Inhalte mit unserem Kind neu zu entdecken. „Ach ja, so war das!“ denke ich dann oft.

Die fünf Merkmale des Lebens:

  • Stoffwechsel
  • Bewegung
  • Reizbarkeit
  • Wachstum
  • Fortpflanzung

Welche Merkmale hat dem gegenüber ein geistliches Leben? In Vorbereitung auf diesen Artikel schlage ich in einer Konkordanz Begriffe wie „wachsen“, „Wachstum“ und „Leben“ nach. Dann bleibt mein Auge und Herz an den Versen hängen, die diesem Artikel die Richtung geben werden. In 1. Mose 41,50 ff heißt es:

Und Josef wurden zwei Söhne geboren, bevor die Hungerzeit kam; die gebar ihm Asenat, die Tochter Potiferas, des Priesters zu On. Und er nannte den ersten Manasse; denn Gott, sprach er, hat mich vergessen lassen all mein Unglück und mein ganzes Vaterhaus. Den andern nannte er Ephraim: Denn Gott hat mich wachsen lassen in dem Lande meines Elends.

Josef war der, der in die tiefsten Tiefen hinunter musste. Er wurde verachtet, verkauft, versklavt, verhaftet und vergessen. Wie viele Lebensberater und Seelsorger wären heute nötig, um diese Lebensgeschichte aufzuarbeiten? Im Anblick seiner zwei Kinder kann Josef trotz seiner durchkreuzten Biografie sagen: „Der Herr hat mich vergessen lassen …“ und „Der Herr hat mich wachsen lassen …“

Es folgen 5 Merkmale aus der Lebens- und Leidensgeschichte des Josef, die mit dazu beigetragen haben, dass Josef im Anblick seiner Kinder diese Worte sagen konnte. Diese 5 Merkmale sind kein umfassendes Wachstumsprogramm für ein geistliches Leben. Aber eine Hilfe zum Er-wachsen-werden in und durch Jesus Christus.

1. Segen sein (1. Mose 39, 1-5)

Durch elterliche Prägung, eine Menge eigenen Hochmut und den Hass seiner Brüder findet sich Josef als Sklave in Ägypten wieder. Wäre es jetzt nicht angebracht griesgrämig und von Selbstmitleid zerfressen den Alltag zu ertragen? Antwort: Nein! Menschen, die Gott ruft und erwählt, sind ein Segen. Keine Ahnung, ob Josef diese Segensspur von Anfang an gespürt und erlebt hat. Das spielt auch keine Rolle. Gott ist da! Er schenkt Gelingen! Er gibt den Segen durch seinen gebeutelten Diener. Josef nimmt diesen Weg an. Und du?

Dieses Merkmal geistlichen Wachstums zieht sich durch die Schrift …

1.Mose 12,2: „… und du sollst ein Segen sein.“

2. Gehorsam sein (1. Mose 39, 7-20)

Gerade als es läuft, rutscht Josef in eine große Bewährungsprobe. Die Gefahr der „fremden Frau“ findet sich nicht nur hier. Josef folgt nicht dem Begehren oder seiner eigenen Logik. Gott ist sein Kompass! Er weiß, das wäre Unrecht und Sünde gegen Gott! Josef flieht vor dem, was ihn versucht und Unrecht ist. Dadurch wird er das Verlieren, was „er“ sich erarbeitet hat. Die Bindung an Gottes Wort und der Gehorsam Gott gegenüber sind größer als alles Andere. Wie ist das bei dir?

Dieses Merkmal geistlichen Wachstums zieht sich durch die Schrift…

Römer 6,12: „Euer vergängliches Leben darf also nicht mehr von der Sünde beherrscht werden, die euch dazu bringen will, euren Begierden zu gehorchen.“

3. Dienend sein (1. Mose 39, 21-40,22)

Völlig ungerechtfertigt landet Josef für lange Zeit im Gefängnis. Tiefer geht es nicht. Spätestens jetzt sind Selbstaufgabe oder ein totaler Egoismus die doch einzig möglichen Reaktionen. Anders hier: Josef dient. Er arbeitet nicht an seinen eigenen Träumen, sondern an den Träumen anderer. Was für ein Unterschied zu dem jungen Josef und seinem Umgang mit den eigenen Träumen aus vergangenen Jahren. (1.Mose 37, 5-11) Die „Träume“ der Leidensgenossen sind wichtiger als die eigenen „Träume“. Wem dienst du?

Dieses Merkmal geistlichen Wachstums zieht sich durch die Schrift…

1.Petrus 4,10: „Und dienet einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat.“

4. Geduldig sein (1.Mose 40, 14-15+23)

Nach dem Dienst am Mundschenk äußert Josef ihm gegenüber folgende Bitte: „Aber gedenke meiner, wenn dir´s wohlgeht…“ Josef macht in der Folgezeit die nächste bittere Erfahrung. Er wird vergessen! Für andere ist er egal geworden. Wie wird diese Verlassenheit an seiner inneren Verfasstheit genagt haben. Kann es sein, dass wir in den Phasen am meisten wachsen, in denen wir auf Gott warten? Starren wir auf das ungerechte Unglück oder harren wir auf den gerechten Gott? Welche Perspektive nimmst du ein?

Dieses Merkmal geistlichen Wachstums zieht sich durch die Schrift …

Psalm 27,14: „Harre des HERRN!“

5. Mutig sein (1.Mose 41, 16-36)

Wie über Nacht ändert sich das Schicksal für Josef. Aus der tiefsten Tiefe heraus wird er erhöht. Es geschieht an ihm und auch durch ihn. Mutig bekennt Josef sich zu seinem Gott. Er erwartet die Hilfe zur Traumdeutung für den Pharao von IHM. Er versteckt sich nicht. Auch diese neuerliche Wegführung nimmt Josef an. Wir können das bekannte Unglück bejammern und kultivieren oder das unbekannte Glück ergreifen und gestalten. Was tust du?

Dieses Merkmal geistlichen Wachstums zieht sich durch die Schrift …

2.Timotheus 1,7: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Ängstlichkeit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“

 

Zusammenfassend kann man sagen: Das Da-Sein und Mit-Sein Gottes in der Josefsgeschichte kommt vor allem dort zur Sprache, wo nichts mehr geht. Das Er-wachsen-werden wird nicht nur bei Josef von einem Durch-Kreuzt-werden begleitet. Durch die Kraft seines Geistes, der in uns wirkt, werden wir eine Haltung einnehmen, die völlig gegen die menschliche Natur geht. Der Kreuzes-Weg des Josef ermöglicht die Versöhnung und Rettung eines ganzen Volkes. Hier sind wir im Kern des Evangeliums. Auch die Wachstumsrichtung als ein Kind Gottes oder seiner Gemeinde geht:

  • Vom Kreuz zur Krone
  • Von der Erniedrigung zur Erhöhung
  • Von der Verlassenheit zur Herrlichkeit.

Es ist der Christusweg. Durch die Kraft seines Geistes, der in uns wirkt, werden wir eine Haltung einnehmen, die völlig gegen die menschliche Natur geht.

Wir werden ein Segen sein, gehorsam sein, dienend sein, geduldig sein und mutig sein!

Diese fünf Merkmale geistlichen Wachstums lerne ich nicht für die nächste Bio-Arbeit, sondern lebenslang bis zum Sichtbarwerden seiner Herrlichkeit.

 

Falk Schönherr
Niederwürschnitz
Vorsitzender des SGV

 

 

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