Jesus Nachfolgen heißt Lieben

Die Jahreslosung stellt ein großes Wort in den Vordergrund: Die LIEBE.

 

Nach der Einheitsübersetzung, die offiziell gewählt wurde, schreibt Paulus im 1Kor 16,14 an die Gemeinde: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“. Präziser übersetzt heißt es: „Alles bei euch geschehe in Liebe“, wie es in der Elberfelder Übersetzung lautet. Also bei allem, was „bei euch“ getan, gedacht oder gesagt wird, soll die Liebe eine Rolle spielen. Sie ist der Stempel, der alles prägen soll. Schon vorher in 1Kor 13,1-3 betonte Paulus, dass ohne Liebe alles nichts nützt. Jedes Opfer, jede Begabung, jede Fähigkeit zählt nichts, wenn die Liebe fehlt.

Diesen Gedanken würden wohl viele Menschen unterstreichen. Liebe wird gesucht, sie ist ein Grundbedürfnis. Liebeslieder, die es wie Sand am Meer gibt, sprechen von einem starken Gefühl, das kommt und leider auch geht, das überwältigt und nicht kontrollierbar scheint.

Liebe ist ein Beziehungsbegriff. Er kann sich auf alles beziehen, von der Eiscreme über das Auto bis zu den Kindern. Auch in der Beziehung zu Gott und in der Gemeinde wird viel von Liebe gesprochen. Liebe ist ein großes Wort, doch was bedeutet es?

 

In der griechischen Sprache, in der das Neue Testament geschrieben ist, gibt es drei Worte für „Liebe“.

EROS meint die leidenschaftliche, die begehrende, die erotische Liebe. Eros hat sich in der griechischen Philosophie weiter zu einem mystischen Begriff entwickelt und hat das Ziel, sich mit dem Übersinnlichen geistig zu vereinigen.

PHILIA meint die Zuneigung zu nahestehenden Menschen, die freundschaftliche Liebe innerhalb und außerhalb der Familie, im Sinne von „gernhaben“. Philia kann sich auf alles beziehen, was man schön und liebenswert findet.

AGAPE wurde in der Alltagssprache selten und ohne besondere Bedeutung benutzt. Im biblischen Zusammenhang wurde es schon in der Septuaginta (Übersetzung der hebräischen Bibel) für den alttestamentlichen Begriff Liebe verwendet. Im Neuen Testament wird Agape vor allem bei Johannes und Paulus zu dem Begriff, mit dem sie Gottes Liebe beschreiben. Eine Liebe, die sich selbst für den anderen gibt, die keine Gegenleistung erwartet und dadurch Liebenswertes schafft.

In den weiteren Ausführungen beschäftigen wir uns mit dieser Agape und erkunden, was demzufolge Liebe ist und wie sie sich in unserem Leben auswirken will.

Gott ist die Liebe

Die Grundlage ist nach 1Joh 4,8+16 Gott selbst. Denn „Gott ist Liebe“, sein ganzes Wesen ist Liebe. Das zeigt sich im AT besonders an Gottes Erwählung und Errettung, an seiner Gnade und Barmherzigkeit, die er seinem Volk immer wieder entgegenbringt. Dass Gottes Wesen Liebe ist, kann allerdings nicht direkt in der Geschichte abgelesen werden, auch nicht in der Kirchengeschichte. Was wurde nicht alles im Namen des Glaubens, also aus Liebe zu Gott, getan! Zudem rufen Leid, Versagen und schwere Wegführungen Zweifel an Gottes Liebe hervor.

Jedoch wird sie sichtbar und greifbar in Jesus. Nach Joh 3,16 und 1Joh 4,9 liebt Gott diese Welt so sehr, dass er seinen einzigen Sohn hingibt. Das Zentrum bzw. der Höhepunkt der Liebe Gottes ist das Kreuz.

Hier schenkt er sich in Jesus selbst, damit wir nicht verloren sein müssen, damit wir eine himmlische Heimat haben. Gottes Liebe ist die Grundlage für alles Nachdenken über menschliche Liebe.

Liebe als Antwort

Gottes Liebe wartet auf Antwort (1Joh 4,19). Diese Antwort besteht zunächst darin, Gott zu lieben.

1. Gott lieben

Dies zeigt sich im Tun seines Willens und somit auch in der Liebe zum Nächsten. In Mk 12,28-31 bezeichnet Jesus das Doppelgebot der Liebe als das größte Gebot.
Ebenso drückt sich die Beziehung zu Jesus im Tun seines Willens aus. „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten“ lesen wir in Joh 14,23; und in Joh 15,10 „Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe“. Gott zeigt uns seine Liebe durch sein Handeln, so soll auch unsere Liebe ihm gegenüber im Verhalten sichtbar werden.

Das ist nur logisch, denn die Liebe kommt von Gott. Von uns aus haben wir sie nicht. Paulus beschreibt diesen Zusammenhang in Röm 5,5: „die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist“. Durch Gottes Geist kommt sie in ein Leben, nur dann kann sie weitergegeben werden.

Weiter lässt Gottes Geist die Liebe wachsen, welche in Gal 5,22 als erste Frucht des Geistes genannt wird. Geistliche Frucht wächst, wie Jesus in Joh 15,5 zusagt, in der bleibenden Verbindung mit ihm. Je enger die Verbindung zu Jesus ist, desto mehr wird die Liebe wachsen. Grundlegend macht uns Gott selbst fähig, auf seine Liebe zu antworten und zu lieben.

2. Liebe als Erkennungszeichen

In Joh 13,35 sagt Jesus: „Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt“. Diese Liebe ist das Markenzeichen der Gemeinde. Sie ist Ausdruck des neuen Lebens mit Gott. Daran knüpft Johannes in 1Joh 4,20 an und mahnt: Wer seine christlichen Geschwister nicht liebt, der kann auch Gott nicht lieben, der macht sich
selbst etwas vor. Denn Liebe zu Gott und Liebe zu den Menschen gehören zusammen. Jesus Nachfolgen heißt Lieben.

3. Liebe als Gebot

In Joh 15,12 macht Jesus daraus ein Gebot, eine Verpflichtung: „Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, so wie ich euch geliebt habe“. Hier wird deutlich, dass Liebe kein Gefühl sein kann, was nicht ausschließt, dass Gefühle dazukommen. Ebenso ist es bei der Feindesliebe. Hier braucht es Liebe, die gerade gegen das Gefühl handelt. Vom biblischen Befund her ist Liebe in erster Linie kein Gefühl, sondern sie ist eine Tat, eine Entscheidung, eine Haltung. In 1Joh 3,18 ermutigt Johannes, dass die Gemeindeglieder sich „mit der Tat und mit der Wahrheit“ lieben, nicht nur „mit Worten“. Liebe soll sichtbar und greifbar werden. Wir können sie praktizieren und einüben.

Liebe als Übungsfeld

Dazu fordert die Jahreslosung auf, weil damals in Korinth eben nicht „alles in Liebe“ geschah. Es gab Spannungen, verschiedene Meinungen, Streit und Rücksichtslosigkeit. Auch heute wird unsere Liebesfähigkeit immer nur bruchstückhaft sein. Sich das einzugestehen, bewahrt vor Heuchelei und vor Überforderung. Dennoch sind wir aufgefordert, auch in der Liebe zu „wachsen“ und Jesus ähnlicher zu werden. Unser Leben soll in seiner Liebe „eingewurzelt und gegründet“ sein (Eph 4,15; 3,17). Dieses Wachstum geschieht nicht von heute auf morgen. Wer Klavier spielen lernen will, muss üben. In 1Kor 13,4-7 zeigt Paulus auf: So könnt ihr Liebe üben! Sie ist freundlich, sie ist nicht stolz, sie freut sich nicht über Ungerechtigkeit usw.

Hierbei ist es wie beim Klavierspieler. Von einem Anfänger erwartet man keine Perfektion, doch er macht Fortschritte. So üben wir in dieser Welt das, was wir in der zukünftigen perfekt beherrschen werden. Gemeinde ist somit jetzt schon ein Vorgeschmack auf den Himmel. Dazu dürfen wir als Einzelne beitragen. Liebe bleibt dann nicht nur ein Wort.

 

Beate Rösch

Gemeinschaftspastorin, Ebersbach-Neugersdorf

 

 

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Bildnachweis: Bild von svklimkin – pixabay.de