Wer schleift deine Brille?
In den unendlichen Weiten des World Wide Web kann man aus dem Vollen schöpfen: Predigten, christliche Podcasts, YouTube-Channels, Telegram-Kanäle… von liberal bis konservativ, von charismatisch bis nüchtern. Doch wie wähle ich aus diesem Überangebot aus, was ich mir anhöre oder anschaue? Woran erkenne ich, was gut ist? Was abonniere ich, was kann ich mir sparen?
Wenn Christen die Bibel als Gottes Wort anerkennen und sich dieselbe Bibelstelle vorknöpfen, heißt das noch lange nicht, dass sie zum selben Auslegungs-Ergebnis kommen. Ein Beispiel: 1Kor 11,5: „Jede Frau aber, die mit unverhülltem Haupt betet oder weissagt, entehrt ihr Haupt.“ Für die einen bedeutet das: Frauen tragen in der Gemeinde Kopftuch. Und schweigen. Für die anderen: Frauen beten und weissagen in der Gemeinde. Ohne Kopfbedeckung. Beide Auslegungen wollen die Bibel ernst nehmen. Trotzdem kommen sehr verschiedene Aussagen dabei heraus.
Wie kommt das? Jeder von uns liest die Bibel durch eine Brille und versteht sie entsprechend. Diese Brille ist geschliffen durch unsere Kultur, unsere Prägung und, ja, auch unseren frommen Konsum. Niemand liest die Bibel objektiv.
Darum stellt sich jedem von uns die Frage: Von wem lasse ich meine Brille schleifen? Wie will ich die Bibel verstehen? Bei Dr. Ulrich Wendel habe ich ein tolles Bild gefunden: Die Bibel ist wie eine große Landschaft. Durch diese Landschaft, die zerklüftet, vielseitig und zum Teil auch verworren ist, zieht sich ein Bergkamm. Von dem aus kann man die ganze Landschaft gut überblicken. Er ist mal breiter, mal schmaler. Aber er ist immer da und überragt alles Andere. Dieser Bergkamm ist Jesus.
Jesus ist das Zentrum des Wortes Gottes. Er IST das Wort Gottes.
Darum darf ich alles, was ich höre, an IHM prüfen. Was hat er verkündigt? Wie hat er gelebt? Was hat er gelobt und worüber hat er sich aufgeregt? Und: Passt das, was ich höre, zu IHM? Dieses Prüfen bewahrt davor, in der zerklüfteten Landschaft der Bibel in einem abgelegenen Seitental hängen zu bleiben. Solche Täler gibt es viele. Wir müssen auf den Bergkamm klettern, um den Blick auf das große Ganze nicht zu verlieren. Jesus ist „der Erste und der Letzte und der Lebendige“ (Offb 1,17f). Alles Andere ist zweitrangig.
Elke Vogel
Lengefeld
Gemeinschaftspastorin Bezirk Pockau
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